Lies mal wieder

 

 

"Nimm dir Zeit"Romane( für Erwachsene )

 

 

                        Mini - Krimi

 

                    Der falsche Schein

 



 

Polanski und Brecht - Der falsche Schein

 

„Nun kommen sie schon, Brecht. Oder geht ihnen  die Puste aus?“ „Sie haben gut reden, Chefin, sie  mit ihrem E-Bike“, erwidert  Brecht nach Luft schnappend.  „Eine Schnapsidee ist das mit den Rädern, umweltschonend  hin oder her.“ Hauptkommissar Ole Brecht legt einen Gang zu, um mit der Frau auf dem Rad vor ihm zum Oberhausener Gasometer zu gelangen, der höchsten Ausstellungshalle Europas. „Wozu dieses Eile, Chefin? Die Leiche ist doch schon tot, „wagt er einen Vorstoß, um seine Vorgesetzte zu bremsen. „ Jammern sie nicht, Brecht, sie sind jung, und es schadet ihnen nicht, wenn sie etwas gegen ihren Bauchansatz  tun.“ „Meinen  Bauchan…?“ Ole streicht über die gut kaschierte Wölbung. „Trotzdem, gerecht ist das nicht“, stöhnt  er, jetzt gleichauf mit der Oberkommissarin  Polanski.  „Es ist ja auch nur ein Versuch, Brecht. Sehen sie, all die Staus, die wir so umfahren können, immer am Rhein-Herne-Kanal entlang. Das Wetter ist wunderbar, und erst die Luft.“ „Ja, und erst die gute Luft “, pflichtet Ole ihr bei und verdreht die Augen.

 

Brecht, was wissen wir genau über die Leiche?“ „Über die Leiche? Äh, ja.“ Japsend versucht Ole an der Seite seiner Chefin zu bleiben. „Männlich, „ist seine kurze Antwort. „Männlich. Und? Weiter?“ „Nichts weiter.“ Ole hat keine Lust, weitere Einzelheiten zu berichten. Seine Lunge schmerzt, und sein Puls ist stark erhöht. „Irgendetwas muss die Streife ihnen doch mitgeteilt haben, Brecht.“ „Es…es könnte Mord sein.“ Ole lässt sich absichtlich ein paar Meter zurückfallen, damit er nicht mehr reden muss.  Mit letzter Kraft erreicht er die uniformierten Kollegen am Eingang des Gasometers.

 

Wen haben wir denn da? Das doppelte Lottchen?“ Ole wischt sich die Stirn ab, sein Kopf ist hochrot. Seine pfeifende Lunge hält  ihn nicht davon ab, mit den beiden Streifenpolizisten zu scherzen. „Ne, Hanni und Nanni. Wann fällt euch Kripoleuten endlich mal ein neuer Spruch ein?“, kontert einer der eineiigen Zwillinge. Edda schaut sich schmunzelnd die Namensschilder der  Männer an. „Peter und Paul  Krüger, aha. Ich bin Kriminaloberkommissarin Polanski, mein Kollege Ole Brecht.  Guten Tag, die Herren. Können sie uns bitte zum Tatort bringen?“ 

Vier Augenpaare blicken nun hinauf zur höchsten Stelle im Inneren des Gasometers. In etwa 95 Metern Höhe hängt ein Körper an einem Geländer herab. „Warum haben sie ihn noch nicht von dort heruntergeholt?“, will Ole wissen. Ihm wird übel bei dem Gedanken an die Fahrt im gläsernen Aufzug. „Wir haben gesehen, dass da nichts mehr zu machen ist. Exitus, hat der Notarzt gesagt“, klärt Peter die Kollegen auf. „Allem Anschein nach war es Mord." „Wer hat ihn entdeckt?“  Ole richtet seine Frage an Paul. „Eine Mitarbeiterin, die als erste in der Früh erschienen ist und aufgeschlossen hat.“ „Gut. Brecht, wir fahren jetzt hinauf. Danach werden wir uns mit der Zeugin und dem restlichen Personal unterhalten.“ „Oh, das wird nicht gehen, „vermeldet Paul. „ Die Dame hat sich krankgemeldet und ist jetzt zu Hause.“ „Na gut, dann besuchen wir sie eben dort.“ 

Oberkommissarin Polanski drückt eine Taste am Aufzug, der elegant in die Tiefe schwebt. „Äh, ich müsste mal dringend…für kleine Mädchen.“  Ole versucht, Zeit zu schinden.  Die Zwillingsgesichter verziehen sich zu einem leichten Grinsen. Trotz  seiner Höhenangst erreicht Ole einige Minuten später den Ort des vermeintlichen Verbrechens.

Kreidebleich  steigt Ole aus dem Aufzug. Die Kommissarin nimmt konzentriert den mit einem dünnen  Seil strangulierten Leichnam in Augenschein. Eine Profikamera hängt um seinen Hals. „Wie wird hier nachts kontrolliert, Peter?“ „Die Ojektbewachung ist nur bis 24.00 Uhr hier, danach läuft alles extern, Frau Oberkommissarin.“ „Und Kameras?“ „Vier an der Zahl. Bei allen gab es einen Ausfall von 10 Minuten, nachdem der Wachmann gegangen war. Noch bevor der Wachdienst losfahren wollte, um nachzusehen, haben Drei davon sich wieder eingeschaltet, die Vierte hier Oben blieb dunkel. Darum wollte man sich aber erst am Tage kümmern.“ „Brecht, schauen sie bitte mal nach, ob er eine Brieftasche dabei  hat.“ Ole durchsucht,  leicht über das Geländer gebeugt, die Jackentaschen des Mannes. Sein Magen beginnt zu rebellieren. „Nichts. Keine Papiere.“ „Versuchen sie, an die Hosentasche zu kommen, Brecht.“ „An die Hosenta…?  Sorry, Chefin, aber das…“ „Lass mal, Kollege Brecht. Ich mach das.“ Peter greift  durch die Gitterstäbe nach unten bis zu den Hosentaschen des Toten. „Na, so hätte ich es auch gekonnt, „murmelt Ole verlegen. „Schon Okay, hier ist seine Geldbörse und einige Schlüssel.“  Ole kontrolliert  alle Fächer. „Sein Ausweis, ein Presseausweis, Kreditkarten, eine Eintrittskarte für diese Ausstellung mit dem Datum von gestern und ein bisschen Geld.“ „Paul, wären sie so nett und nehmen ihm die Kamera ab?“ Paul  löst den Tragegurt von der Kamera und gibt sie an Edda Polanski weiter. Mit Ole zusammen überprüft sie die digitalen Bilder. „Diese Frau ist mehrmals drauf, sehen sie, Brecht. Die Fotos wurden hier geschossen, ebenfalls gestern, „kombiniert die Kommissarin. „Ah, da kommt ja die Spusi.“ Nach einem kurzen Lagebericht  nehmen  der  Gerichtsmediziner und die Spurensicherung  ihre Arbeit auf.

„Kennen sie die Frau auf diesen Bildern? Haben sie die hier schon mal gesehen?“ Edda Polanski hält die Kamera in die Höhe. Durch die kleine Belegschaftsgruppe geht ein Raunen „Das ist Nathalie, „tönt es aus aller Munde. „Und wer ist Nathalie?“ „Nathalie Zander, eine von uns, „beantwortet ein älterer Herr Oles Frage. „Und wo ist sie?“ „Die hat sich krankgemeldet.  Als sie die Leiche  gesehen hat, ist sie fast zusammengebrochen. Monika hat sie zum Arzt gefahren und dann nach Hause. War es denn nun Mord, Frau Oberkommissarin?“ „Leider können wir dazu noch gar nichts sagen. Brecht, bitte holen sie Frau Zander hierher, „flüstert sie Ole zu. „Sie ist unsere erste Tatverdächtige.“ „Aber mit dem Rad…?“ „Paul wird sie fahren, Brecht.“ Erleichtert macht Ole sich mit Paul auf zu der Adresse, die Monika ihnen aufgeschrieben hat.

 

„Frau Zander, in welcher Beziehung standen sie zu Adrian Bergholm?“ „Ist das sein richtiger Name?“ Edda, Ole und die Zwillinge haben sich mit Nathalie Zander zum Verhör in die Cafè Ecke zurückgezogen. Die junge Frau wirkt gefasst. „Wir gehen davon aus, dass sie ihn näher kannten. Er war gestern hier und mit ihnen zusammen dort oben.“ „Aber wir haben uns vorher noch nie gesehen. Er hat sich Rick genannt.“ „Wie kommen sie dann auf die Fotos seiner Kamera? Frau Zander, haben sie einen Diebstahl geplant und dann einen Streit gehabt?“ „Aber nein, ich…“ „Frau Zander, es geht hier vermutlich um Mord, und sie hatten wahrscheinlich den letzten  Kontakt zu dem Opfer.  Also, was ist passiert?“ „Aber ich könnte doch nie jemanden umbringen.“ „Warum sind sie auf den Fotos?“ „Ich.. ich…Also gut. Er hat mich angesprochen, gestern, und er bat mich, mit ihm zur Aussichtplattform zu fahren, er würde gern eine Reportage machen, mit einigen Bildern von mir. Bitte fragen sie mich nicht, warum er gerade mich ausgesucht hat.“ „Nun, sie sind sehr hübsch, Frau Zander. Das hat auch Bergholm  gesehen, „stellt Ole nüchtern fest. „Ist er zudringlich geworden?“ „Nein, Frau Oberkommissarin, um Gottes Willen, er war…war höflich und zuvorkommend.“ „Was geschah weiter?“ „Er wollte mich überreden, ihn nachts auf die Plattform zu lassen, um  Aufnahmen zu machen, weil es eine sternenklare Nacht werden sollte. Ich habe aber abgelehnt, weil ich meine Stelle nicht verlieren will. Er hat das eingesehen und mich auf einen Drink in „Billies Bar“ an der Centro Promenade eingeladen.  Meinen Ersatzschlüssel zum Nebeneingang und zur Plattform hat er aus meiner Tasche genommen, als ich dort die Toilette aufsuchte. Und heute Morgen dann…Erst als ich ihn da oben sah, hab ich es bemerkt.“

 

„Und, klingt das alles glaubhaft, Chefin?“ „Ich habe da so meine Zweifel, Brecht.“

„So eine zierliche Person wie Nathalie, wie soll sie einen Mann über das Gitter hieven?“ „Sie könnte einen Komplizen gehabt haben, mit dem sie wertvolle Ausstellungsstücke stehlen wollte. Vielleicht hat ihn aber auch  jemand gezwungen, sich den Strick um den Hals zu legen. Möglicherweise war er in krumme Sachen verwickelt, oder er hat ein Geheimnis um eines der Kunstobjekte aufdecken wollen. Bergholm war alleinstehend, das wissen wir von seinem Arbeitgeber. Ich habe Paul und Peter mit Bergholms Schlüssel zu seiner Wohnung geschickt. Sie sollen mich sofort anrufen, wenn sie…“ Das Handy der Oberkommissarin klingelt in diesem Moment. „Paul, ja? Haben sie was herausgefunden? Aha, ach so. Gut, danke Paul. “ „Und, was ist nun?“ Tja Brecht. Manchmal trügt der Schein. Auf seinem Küchentisch liegt ein Schaltplan der Kameras. Über einen Laptop hat er sie manipuliert. Außerdem gibt es einen Abschiedsbrief.“ „Und? Was steht drin?“ „Nur wenige Zeilen, Brecht. Heute schreibe ich meine letzte Story: “Ein spektakulärer Abgang“. Nathalie trifft keine Schuld. Vielleicht wäre alles besser geworden, wenn ich sie früher getroffen hätte. Jetzt ist es zu spät. Ich ertrage die Einsamkeit nicht mehr. Verzeih mir, Nathalie.“

 

Diese Geschichte wurde für einen Krimi-Wettbewerb geschrieben.

Tatort sollte der Gasometer in Oberhausen sein. Der Text durfte

nicht mehr als 9000 Zeichen haben. Gefragt war Spannung

und Originalität, Dramen oder Komödien in einer Kriminalgeschichte

verpackt.

Mein erster Krimi hatte keine Chance, in die engere Auswahl zu kommen.

Aber vielleicht klappt es beim nächsten mal.

 

Demnächst hier - "Das Julia Experiment"

 

Roman zurzeit in Arbeit

 

 

 

 

"Ich möchte das Rauschende,

Volle, Erregende der Farben geben, das Mächtige"

 Paula Modersohn-Becker

deutsche Malerin

(1876-1907)

    

 

       

 

 Bloggerin

 in Sachen Malerei und    Basteln als Hobby ist

 

 "Luises

 Pergamentkunst und      andere Schätzchen"