In der Stadt lebten noch immer dieselben Leute, fuhren dieselben Autos, und das hektische Treiben war immer noch da, doch
es machte ihr nichts mehr aus, sich zwischen all dem zu bewegen. Sie glaubte, das Schlimmste überstanden zu haben, versuchte den Mann, in den sie sich verliebt hatte, zu
vergessen. Tatsächlich war sie ein wenig beschämt darüber, dass sie dermaßen Schiffbruch erlitten hatte. Und immer wieder kam die Erinnerung an Begebenheiten zurück, die sie
zuvor nur Jan und Henrike erzählte, und vielleicht noch ihrer Tochter, sie wusste es nicht mehr so genau.
Auch mit der Polizei hatte sie zu tun
bekommen. Einmal kam sie noch knapp an der Einweisung in eine psychiatrische Klinik vorbei, als man sie wieder einmal verstört und nach einem Treffpunkt suchend in einer
anderen Stadt aufgabelte. Für kurze Zeit fühlte sie sich an den Rand der Gesellschaft gedrängt, und sie war nur einen kleinen Schritt vom Abrutschen in die Kriminalität
entfernt. Als sie dann die Klinik verlassen konnte, nahm sie sich vor, sich nie wieder in Situationen zu begeben, die sie in eine missliche oder entwürdigende Lage bringen
würden, so wie sie es zuvor erlebt hatte.
Doch das lag nur bedingt in ihrer Hand, denn wenn die Krankheit sie steuerte, gab es keine Garantie dafür,
dass sie dagegen halten konnte. Noch während ihres Aufenthaltes im Krankenhaus wurde ihr jedoch sehr schnell klar, dass sie einsam in ihrer Wohnung war, sie war voll Hoffnung
gewesen, dass er sie wenigstens besuchen würde.
Das Versprechen, das sie Jan gegeben hatte, wollte sie auch einhalten und keinen Kontakt mehr zu ihm
aufnehmen, und sie fand sich mit dem Ende ihrer Beziehung ab, die eigentlich gar nicht existierte.