Das Rauschen des Meeres, das sich durch den Novembersturm noch verstärkte, versetzte sie zurück in den Frühling und ließ
sie alles Geschehene erneut durchleben. Während ihre Stiefel grobe Abdrücke im vom Wasser noch aufgeweichten Boden hinterließen, überlegte sie, wie es zu dieser Reaktion
gekommen war.
In ihrem Gefühlschaos hatte sie vergessen, die nötige Distanz zu wahren. Ihre Welt begann wieder spannend und interessant zu werden,
drehte sich plötzlich in einem Tempo, das sie atemlos machte und sie in einen emotionalen Ausnahmezustand versetzte. Bei dem Versuch, auch etwas von dem Stück Leben, das sie
sich einfach genommen hatte, zurück zu geben, begann sie, die Grenzen zu überschreiten, benahm sich fast wie eine Stalkerin, frech, manchmal auch ein wenig frivol und
respektlos, um ihn aus seiner Reserviertheit zu locken.
Niemals jedoch wollte sie ihm schaden oder zu nahe treten. Es tat ihr gut, einfach ihren
Gedanken freien Lauf zu lassen, jemandem von ihrem Alltag zu erzählen und zu wissen, dass man ihr zuhörte, jedenfalls glaubte sie das.
Das Meer trat
seinen Rückzug an und gab vor ihren Füßen das schützende Gehäuse einer Muschel frei. Eine Weile betrachtete sie es von allen Seiten, um herauszufinden, was sie so sehr daran
faszinierte. Sie steckte ihren Fund in die Jackentasche und kehrte zu ihren Erinnerungen zurück.
Ein Lächeln legte sich über ihre Züge, als sie sich
ihrer Offenheit ihm gegenüber entsann, die auf ihn ganz sicher dumm und naiv gewirkt haben musste. Wahrscheinlich hatte sie ihn wie eine Lawine überrollt, und sie konnte sehr
gut nachvollziehen, dass er über das plötzliche Ende ihrer einseitigen Dialoge absolut erleichtert war.
Von der Seeluft müde und hungrig geworden, bog
sie ein in den Weg zu dem reetgedeckten kleinen Haus, das geschützt hinter den Dünen lag.